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Die Suche nach dem Boden

Auf der Aktienseite gibt es das alte Börsenbonmot, wonach wir in Deutschland eine Lungenentzündung bekommen, wenn die Amerikaner einen Schnupfen haben. Soweit möchten wir auf der Rentenseite nicht gehen. Doch auch hier besitzen die USA eine wichtige Leitfunktion. Deshalb haben wir unseren Zinsausblick 2022 ganz bewusst mit dem Blick über den großen Teich begonnen. Doch nun kommen wir endlich nach Deutschland. Unserer grundsätzlichen Herangehensweise verpflichtet, starten wir traditionell mit einer sehr hohen Zeitebene: Konkret mit dem Halbjahreschart der 10-jährigen Rendite Deutschland. Die langfristige Chartbetrachtung seit Ende der 1990er-Jahre sendet zunächst die Botschaft, dass die Zinsrally bereits sehr lange im Gang ist. Gleiches gilt übrigens auch für den Versuch der Bodenbildung der letzten fünf Halbjahreskerzen – womit sich der Kreis zu unserer Einleitung schließt und wir wieder beim Faktor „Zeit“ wären. So weisen bereits die Kerzen vom 2. Halbjahr 2019 sowie vom 1. Halbjahr 2020 jeweils markante Lunten auf, d. h. von den zwischenzeitlichen Periodentiefs bei -0,74 % bzw. -0,91 % konnte sich die 10-jährige Rendite jeweils spürbar erholen (siehe Chart). Diesem Verhaltensmuster schließt sich die jüngste 6-Monats-Kerze an.

10-jährige Rendite Deutschland (Semi-annually)

Chart 10-jährige Rendite Deutschland

Quelle: Refinitiv, tradesignal² / 5-Jahreschart im Anhang

 

5-Jahreschart 10-jährige Rendite Deutschland

Chart 10-jährige Rendite Deutschland

Quelle: Refinitiv, tradesignal²

Diesen Trigger MÜSSEN Sie kennen!

Unter dem Strich entstehen zwei Candlestickformationen, welche jeweils an ein „Hammer“-Umkehrmuster erinnern. Dass der Baissetrend am Zinsmarkt einen hohen Reifegrad besitzt, signalisiert noch ein weiteres Chartpattern. Schließlich bildet der steile Abwärtstrend seit 2008 (akt. bei -0,44 %) in Verbindung mit einer weiteren Trendlinie seit 2015 eine klassische Keilformation (siehe Chart). Die markante Lunte der jüngsten Langfristkerze bestätigt – dank eines erfolgreichen Pullbacks – die Auflösung des angeführten Keils, sodass diese Formation einen wichtigen Fingerzeig in Sachen untere Zinswende liefert. Was für einen endgültigen Befreiungsschlag noch fehlt, ist ein Spurt über die letzten Halbjahreshochs, die allesamt in einer engen Spanne zwischen -0,17 % und -0,06 % ausgebildet wurden. Die Bedeutung der Nackenzone der möglichen Bodenbildung der letzten zweieinhalb Jahre wird noch zusätzlich durch die Lows aus dem Jahr 2016 bei -0,20 % bzw. -0,17 % sowie das 23,6%-Fibonacci-Retracement des letzten großen Renditerutsches seit 2013 (-0,21 %) untermauert. Eine Vielzahl von technisch bedeutenden Marken fällt auf diesem Niveau also zusammen und lässt einen der wichtigsten Taktgeber 2022 entstehen.

10-jährige Rendite Deutschland (Semi-annually)

Chart 10-jährige Rendite Deutschland

Quelle: Refinitiv, tradesignal² / 5-Jahreschart im Anhang

Der ultimative Taktgeber: positive Renditen möglich?

An kaum einem anderen Chartverlauf können Investoren*innen das Risiko einer Trendwende bei den Renditen so gut festmachen, wie am vorgestellten Halbjahreschart. Gerade unter Risikogesichtspunkten handelt es sich somit um einen der Schlüsselcharts des neuen Jahres. Anhand des Monatscharts der 10-jährigen Rendite Deutschland wollen wir deshalb das „was, wenn …“ abschätzen. Mit anderen Worten: Wo liegen die nächsten Anlaufziele, sollte dieser charttechnische Deckel 2022 tatsächlich gelüftet werden. Doch zunächst können Anleger auch an diesem Chartverlauf den eingeläuteten Bodenbildungsprozess festmachen. Der Rücksetzer vom Spätsommer bzw. die Folge steigender Zinstiefs unterstreichen zudem die „bullishe“ Auflösung der diskutierten Keilformation. Gelingt der Sprung über die Schlüsselzone bei -0,17%/-0,06 %, wäre tatsächlich die Bodenbildung seit Mai 2019 abgeschlossen. Lohn der Mühen sollte dann eine Rückkehr in den positiven Renditebereich sein. Die Zinstiefs vom 2017/18 zwischen 0,15 % und 0,19 % definieren im Erfolgsfall ein erstes konkretes Anlaufziel. Das kalkulatorische Mindestkursziel aus der unteren Umkehr lässt sich sogar auf rund 0,60 % taxieren und harmoniert gut mit den Hochs bei 0,58%/0,64 %.

10-jährige Rendite Deutschland (Monthly)

Chart 10-jährige Rendite Deutschland

Quelle: Refinitiv, tradesignal² / 5-Jahreschart im Anhang

Ein Schritt voraus: Boden bereits komplettiert!

Eine wichtige Hilfestellung erhalten Anleger*innen möglicherweise durch den Blick auf die Zinsdifferenz zwischen der 10-jährigen Rendite Deutschland und dem kürzerfristigen 2-Jahres-Pendant. Seit Anfang 2010 fällt der Kursverlauf, d. h. der „Spread“ zwischen der 10-jährigen- und der 2-jährigen Rendite wurde immer geringer. Knapp oberhalb der historischen Tiefstände von 2007 und 2008 hat der Verhältnischart während der letzten Jahre eine Bodenbildung ausgeprägt und auch bereits abgeschlossen (siehe Chart). Für zusätzlichen Nachdruck sorgt dabei der Bruch des seit Anfang 2018 bestehenden Baissetrends. Eine Reihe von konstruktiven Indikatorsignalen begleiten zudem die beschriebene Trendwende. Hervorheben möchten wir den Bruch des Abwärtstrends seit Sommer 2009 im Verlauf des MACD sowie die positiven Divergenzen beim RSI. In der Summe sollte sich der Spread zwischen beiden Zinssätzen im neuen Jahr vergrößern – die Zinsstrukturkurve entsprechend steiler werden. Der Abwärtstrend seit 2010 (akt. bei 0,69 BP) steckt dabei ein erstes Etappenziel ab. Eine steiler werdende Zinsstrukturkurve begünstigt aber nicht zuletzt einen Sprung über den ultimativen „Deckel“ im Verlauf der 10-jährigen Rendite. Der Verhältnischart besitzt also eine wichtige Vorlauffunktion.

Spread 10-/2-jährige Rendite Deutschland (Monthly)

Chart Spread 10-/2-jährige Rendite Deutschland

Quelle: Refinitiv, tradesignal² / 5-Jahreschart im Anhang

„inside quarters“ toppen „inside year“

Zum Abschluss unseres Rentenausblicks stellen wir den Euro-BUND-Future auf den Prüfstand. Als erstes sticht die Hoch-Tief-Spanne von 178,37 zu 167,69 hervor, die innerhalb des Pendants des Vorjahres verblieb. Da dieser Zusammenhang aber auch bereits vor Jahresfrist galt, liegt nun sogar ein doppeltes „inside year“ vor. Mit anderen Worten: Das Rekordhoch aus dem Jahr 2019 bei 179,67 hat weiterhin Bestand. Vielmehr bildet das Rentenbarometer seither in jedem Jahr sogar ein fallendes Hoch aus – charttechnisch ein „mahnender Zeigefinger“. Gleichzeitig könnte sich die aktuelle Jahreskerze noch als „bearish engulfing“ erweisen. Hierfür ist ein Jahresschlusskurs unterhalb der Marke von 170,54 notwendig. Unabhängig davon wären die Innenstäbe auf Jahresbasis bei einem Abgleiten unter die fast deckungsgleichen, jüngsten beiden Jahrestiefs (167,69/167,52) nach unten aufgelöst. Apropos „inside candles“: Das beschriebene Phänomen wird durch den Quartalschart spielend getoppt, sodass hier ein vermutlich nie dagewesenes Chartmuster vorliegt. Die im 1. Quartal 2020 gesteckten Leitplanken haben seither Bestand, d. h. der Euro-BUND-Future verharrt seit sieben Quartalen innerhalb der damaligen Grenzen (siehe Chart).

Euro-BUND-Future (Kontrakt Mar 22) (Quarterly)

Chart Euro-BUND-Future (Kontrakt Mar 22)

Quelle: Refinitiv, tradesignal² / 5-Jahreschart im Anhang

 

5-Jahreschart Euro-BUND-Future (Kontrakt Mar 22)

Chart Euro-BUND-Future (Kontrakt Mar 22)

Quelle: Refinitiv, tradesignal²

Topformation: 2022 eine reale Gefahr!

Per Saldo spiegelt sich in den beschriebenen „inside candles“ ein großes, aufgestautes Bewegungspotential wider. Vor allen Dingen aber unterstreicht der Quartalschart des Rentenbarometers die Tragweite einer negativen Auflösung der besagten Innenstäbe. Schließlich bilden die o. g. beiden Jahrestiefs zusammen mit dem gleitenden Durchschnitt der letzten 20 Quartale (akt. bei 167,98) – grob gesprochen also die Glättungslinie der letzten fünf Jahre – sowie dem Aufwärtstrend seit 2008 (akt. bei 168,09) eine massive Kreuzunterstützung (siehe Chart). Bei deren Bruch schlägt die Distributionsphase seit Sommer 2019 in eine harte Topbildung mit einem Abschlagspotential von rund zehn „big figures“ um. Die charttechnische Fallhöhe des Euro-BUND-Future belegen auch diverse Indikatoren. Besonders auffällig sind die mehrjährigen negativen Divergenzen seitens des RSI und des MACD. Mit dem alten Rekordhoch von 2016 (168,86) sowie der 50%-Korrektur des letzten Hausseimpulses (168,27) liefert der Monatschart des Euro-BUND-Future zwei weitere Argumente für die Relevanz der herausgearbeiteten Signalzone. Das diskutierte Abschlagspotential einer negativen Weichenstellung würde ausreichen, um langfristig die Tiefs von 2018 bei 157,33/156,88 auszuloten.

Euro-BUND-Future (Kontrakt Mar 22) (Monthly)

Chart Euro-BUND-Future (Kontrakt Mar 22)

Quelle: Refinitiv, tradesignal² / 5-Jahreschart im Anhang

Fazit und Fahrplan 2022

„Untere Zinswende brauchen vor allem eines: viel Zeit!“ Ist die Zeit jetzt gekommen? Sind die zeitlichen Mindestanforderungen an einen Zinswendeprozess erfüllt? Diese charttechnischen Schlüsselfragen sind eng mit der fundamentalen Fragestellung verknüpft, „was, wenn die Inflation weniger vorübergehend ist, als von der Mehrzahl der Investoren angenommen“? Die technische Antwort gibt der „Markt“, wenn die 10-jährige Rendite Deutschland den Trigger mit einem Spurt über die Hürden bei -0,17 % bzw. -0,06 % überspringt. Aufgrund des Überraschungspotentials sowie des aufgestauten Bewegungspotentials sind dann wieder nachhaltig positive Renditen in Deutschland wahrscheinlich. In den USA winkt sogar eine „Zwei“ vor dem Komma. Ein solcher Zinsanstieg besitzt deutliche Rückkopplungseffekte auf andere Assetklassen – besonders dem Aktienmarkt könnte damit im Jahresverlauf 2022 eine Alternative erwachsen. Das Goethe-Zitat: „Es nimmt der Augenblick, was Jahre geben“, droht damit im neuen Jahr möglicherweise in doppelter Weise zuzutreffen. Oder anders ausgedrückt: Im Sinne Kästners wäre die 10-jährige Rendite Deutschland bei Aktivierung unseres Triggers tatsächlich einen entscheidenden Schritt weiter!

10-jährige Rendite Deutschland (Monthly)

Chart 10-jährige Rendite Deutschland

Quelle: Refinitiv, tradesignal² / 5-Jahreschart im Anhang

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