Covid-19 hat die Weltwirtschaft in den Ausnahmezustand versetzt. Das Global Market Strategy (GMS) Office von Invesco hat die längerfristigen Auswirkungen dieser Pandemie gemeinsam mit zahlreichen Experten der globalen Invesco-Plattform unter die Lupe genommen und Einschätzungen zum Ausblick für Weltwirtschaft, Anlageklassen und Währungen formuliert. Nach einer tiefen Rezession in diesem Jahr rechnen die Invesco-Experten in den kommenden Jahren mit einem grundlegenden Wandel der globalen Wirtschaftslandschaft. Ihrer Ansicht nach werden einschneidende strukturelle Veränderungsprozesse, die bereits vor der Coronavirus-Krise wirkten, nicht nur andauern, sondern durch dieses Extremereignis vielleicht sogar noch verstärkt werden. So könnte der Wunsch nach einer besseren staatlichen und privaten Absicherung einschließlich einer besseren „Portfolioversicherung“ auf breiter Basis zunehmen.
Schwere Rezession
„Inzwischen ist klar, dass diese Rezession erheblich schwerer sein wird als eine typische Rezession. Die gute Nachricht ist aber, dass eine systemische Finanzkrise wie 2008-09 aufgrund der proaktiven Maßnahmen der großen Notenbanken und Regierungen eher unwahrscheinlich ist. Die umfangreichen Rettungsprogramme haben ein Sicherheitsnetz unter die Weltwirtschaft gespannt“, schreibt Arnab Das, Global Macro Strategist, EMEA, in einem neuen Invesco-Whitepaper mit dem Titel Policies, Performance and Prognosis beyond Pandemic Pandemonium and Panics. „Geld- und fiskalpolitische Hilfspakete können den Einbruch der privaten Ausgaben und damit der globalen Wirtschaftsaktivität zwar nicht vollständig kompensieren. Ohne sie wäre es aber deutlich wahrscheinlicher, dass wir in eine Abwärtsspirale rutschen, an deren Ende eine mehrjährige Rezession stehen könnte – ähnlich wie beim weltweiten Ausbruch der Spanischen Grippe in den Jahren 1918 bis 1920, der vermutlich zur Depression in den frühen 1920er Jahren beitrug.“
Nach einem zunächst starken Nachfrageeinbruch rechnet das GMS-Team mit einer schrittweisen, aber unvollständigen Auflösung des Nachfrage- und Angebotsstaus und einer anschließenden Abflachung der Wachstumsrate. Durch die höhere Schuldenlast in einer geschrumpften, wachstumsschwächeren Wirtschaft müsste im öffentlichen und privaten Sektor erst wieder eine Bilanzgesundung erfolgen, die das Trendwachstum dämpfen würde. Den Invesco-Experten zufolge wird die Dauer der ersten, tiefen Rezession vom Ausmaß der globalen Lockdowns und dem Tempo ihrer Aufhebung abhängen. Nach einem zunächst kräftigen Aufschwung könne die Erholung abflachen, falls die Gefahr einer zweiten Pandemiewelle neue Lockdown-Maßnahmen erforderlich machen sollte.
Pandemie erfasst Länder unterschiedlich
Wenn Wirtschaft und öffentliches Leben wieder hochgefahren werden, sollte sich der Nachfragestau auflösen. Das Wirtschaftswachstum könnte aber weiter durch ein schwächeres Wachstum des internationalen Handels und der Investitionen gedämpft werden. Auf globaler Ebene würden diese Effekte nach und nach zum Tragen kommen, da die Pandemie die verschiedenen Länder nicht zeitgleich erfasst hat und auch die Lockdown-Maßnahmen nicht überall gleichzeitig verhängt wurden. Aufgrund der hohen Unsicherheit und großen Unterschiede in Bezug auf die nationalen Testverfahren könnten viele Regierungen ihre Grenzen für Reisende aus bestimmten Staaten länger geschlossen halten als für andere. Das könnte die Erholung in Sektoren wie der Luftfahrtindustrie oder dem Hotelsektor genauso verzögern wie in Ländern, die besonders abhängig vom Tourismus und Handel sind – darunter viele Schwellenländer.
Kluge Wirtschaftspolitik ist nötig
Invescos GMS-Team verweist auf mehrere Herausforderungen und Risiken für die Stabilität der Wirtschaft und der Finanzsysteme. Diese könnten die Erholung gefährden, sollten sich nach Meinung der Investmentexperten mit den richtigen politischen Instrumenten aber verhindern lassen. An erster Stelle nennen sie die Herausforderung einer koordinierten fiskalpolitischen Reaktion in der Eurozone, Illiquiditäts- und Solvabilitätsrisiken in den Schwellenmärkten und zweite Infektionswellen oder Mutationen des Virus, die zu länger andauernden wirtschaftlichen Lockdowns führen könnten. „Je besser sich die Staaten in der Wirtschaftspolitik abstimmen und je geschlossener sie dieser Pandemie begegnen, desto besser“, so Das.
Licht am Ende des Tunnels
Er sieht aber auch Faktoren, durch die sich die Prognosen für Wirtschaft und Finanzmärkte verbessern könnten. Dazu gehörten eine rasche Eindämmung der Pandemie und eine früher als erhoffte Verfügbarkeit von Impfstoffen oder Behandlungsmethoden, aber auch umfangreiche, koordinierte fiskalpolitische Stimulusmaßnahmen mehrerer großer Volkswirtschaften, ähnlich wie die Maßnahmen der G20 nach der globalen Finanzkrise. Weitere positive Faktoren wären Strukturreformen, zum Beispiel im Gesundheitssektor oder anderen Bereichen der Sozialsysteme, die zu einem größeren Vertrauen in die Zukunft beitragen würden. Auch höhere Investitionen in Infrastruktur und das Bildungswesen, um die negativen Folgen der Lockdowns im Bildungsbereich zu kompensieren, würden für positive Impulse sorgen.
Was den Finanzmarktausblick angeht, rechnet das GMS-Team von Invesco mit einer andauernden Marktvolatilität in einem auf mehrere Quartale hinaus schwierigen makro- und mikroökonomischen Umfeld. In vielen unter Druck stehenden Branchen müsse mit anhaltenden Herabstufungen und Zahlungsausfällen von Unternehmensanleiheemittenten gerechnet werden. Das gelte auch für Emittenten aus den Emerging Markets, die unter erheblichem Refinanzierungsdruck stehen könnten. Der Ausblick der Invesco-Experten für die Gewinne und Dividenden in vielen Aktienmärkten – vor allem in der EU und Großbritannien – ist sehr verhalten. Am US-Markt rechnen sie mit einer deutlich geringeren Unterstützung durch Dividenden und Aktienrückkäufe.
Im Zuge der Normalisierung der Weltwirtschaft im weiteren Jahresverlauf 2021 gehen die Investmentexperten von einem weiteren Anstieg der Anleiherenditen, einer weiteren Abschwächung des US-Dollars und einem Rückgang der Risikoaufschläge risikoreicherer Anlagewerte sowie der Volatilität aus. „In vielen entwickelten Märkten, vor allem am US-amerikanischen Aktienmarkt, ist dieser Prozess bereits im Gange. Mit der Erholung der öffentlichen Gesundheit und der Privatwirtschaft von der Pandemie dürfte er aber noch weiter fortschreiten“, meint Das. „Dieses Mal dürften die Emerging Markets aber durchweg hinterherlaufen, da die Herausforderungen für die Gesundheitssysteme und der fiskalpolitische und externe Finanzierungsdruck sowie der allgemeine Wachstumsdruck in vielen dieser Länder sehr viel gravierender sein dürften.“
Die Invesco-Experten erwarten, dass durch diese Pandemie – den wohl ersten großen Schock, der fast alle Länder dieser Welt praktisch auf einmal erfasst hat – in den nächsten Jahren sieben große Themen stärker in den Fokus rücken werden. Dadurch könne sich auch das Verhältnis von Arbeitseinkommen und Kapitaleinkünften im BIP verändern. Diese Themen sind: öffentliche Gesundheits- und Versicherungssysteme, Klimawandel, Ungleichheit und Demographie, die Vierte Industrielle Revolution, die Zukunft des Euro, die Zukunft der Schwellenmärkte sowie Globalisierung, Geoökonomie und Geopolitik.
„Wir erwarten, dass die verschiedenen Länder und Branchen jedes dieser Themen unterschiedlich adressieren werden. Das deutet eher auf ein Bottom-up- als ein Top-down-Investmentumfeld hin – das längerfristig entsprechend weniger Beta-dominiert wäre und mehr Alpha-Potenzial bieten würde“, so Das. „All dies spricht für eine engere Verknüpfung von Asset Allokation und Einzeltitelselektion bei einer längerfristig größeren Bedeutung der Länder- und Wertpapierauswahl.”
Ein ETF für unruhige Zeiten
In der gegenwärtigen Gemengelage erscheint eine größere Schwankungsintensität durchaus möglich. In solchen Phasen bieten sich ETFs mit Dividendencharakter und geringer Schwankung an. Dazu zählt etwa der Invesco S&P 500 High Dividend Low Volatility UCITS ETF (WKN: A14RHD), der laufende Kosten von 0,30 Prozent auf den Plan ruft. Der ETF bietet Zugang zu Aktien mit geringer Volatilität innerhalb des S&P 500. Aktuell sind 50 Titel im ETF.
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