Der Fall eines Steuerpflichtigen, der bei einem ausländischen Broker sowohl Gewinne (253.000€) als auch Verluste (227.000€) verzeichnete, wirft einen Blick auf die steuerrechtlichen Herausforderungen, mit denen Privatpersonen konfrontiert sein können. Nachdem das Finanzamt eine Zahlung von 60 TEUR forderte, legte der Steuerpflichtige Einspruch ein und stellte einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung. Wie erwartet, lehnte das Finanzamt beides ab.

In der Folge entschied sich der Steuerpflichtige, vor das Finanzgericht zu ziehen und Klage zu erheben. Das Finanzamt widersprach der Klageablehnung und setzte den Streit vor Gericht fort. Das überraschende Ergebnis war, dass das Finanzgericht die Klage als zulässig erklärte und die Aussetzung der Vollziehung bewilligte. Somit wurde der Steuerpflichtige vorerst von der Zahlung der geforderten 60 TEUR befreit, bis die Verfassungsmäßigkeit des zugrunde liegenden Gesetzes geklärt ist.

Die Begründung des Finanzgerichts für diese Entscheidung legt den Fokus auf Bedenken bezüglich der Verfassungsmäßigkeit der betragsmäßig beschränkten Verlustverrechnung. Die Richter sehen einen schweren Eingriff in das persönliche Vermögen des Steuerpflichtigen und betonen sein berechtigtes Interesse an einer Aussetzung der Zahlung. In diesem Kontext wird das Interesse des Steuerpflichtigen als höher eingestuft als das Interesse des Staates an der Steuergewinnung.

Ein weiterer Punkt, der in der Begründung hervorgehoben wird, ist die potenzielle Ungleichbehandlung zwischen der sofortigen Versteuerung von Gewinnen und der gestreckten Versteuerung von Verlusten. Dies könnte zu einem erheblichen Nachteil für den Steuerpflichtigen führen, insbesondere wenn er mit dem Traden aufhört, vorzeitig verstirbt oder ähnliche Umstände eintreten. Die Befürchtung besteht darin, dass Verluste möglicherweise nicht angemessen berücksichtigt werden, was zu einer Benachteiligung des Steuerpflichtigen führen könnte.

Insgesamt verdeutlicht dieser Fall die Komplexität steuerrechtlicher Fragen, insbesondere im Kontext internationaler Finanzgeschäfte. Die Entscheidung des Finanzgerichts, die Klage zuzulassen und die Aussetzung der Vollziehung zu bewilligen, markiert vorläufig einen Sieg für den Steuerpflichtigen und stellt die Verfassungsmäßigkeit der geltenden Regelungen zum Thema Verlustverrechnungsbeschränkung  in Frage. Es bleibt abzuwarten, wie dieses Verfahren weitergeht und welche Auswirkungen es auf die steuerrechtliche Praxis haben wird.

Update:

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat den Beschluss des Finanzgerichts Rheinland Pfalz (FG) bestätigt, dass ein Betroffener der Verlustverrechnungsbeschränkung die Steuerlast, die sich nach der aktuell gültigen Regel berechnet, nicht zu zahlen hat (im Fachjargon: dem Betroffenen wurde der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung gewährt).

Hier einige Eckpunkte aus der Begründung des BFH:  

– Die Verlustverrechnungsbeschränkung ist nicht mit Art. 3 Abs 1 des Grundgesetzes vereinbar.

– Höhere staatliche Einnahmen sind nicht als besonderer Grund zur Rechtfertigung des Gesetzes anzuerkennen

– Es werden Gewinne besteuert, die der Steuerpflichtige nicht erzielt hat, was zu einer Nachschusspflicht, die aus anderem bereits versteuerten Vermögen geleistet werden muss

– Die Gefahr ist hoch, dass Verlustvorträge niemals zu Lebzeiten verrechnet werden können; Verlustvorträge können auch nicht vererbt werden

– Anleger können Finanzprodukte nicht mehr frei auswählen, da sie gedrängt werden, weiterhin CFDs zu handeln, um Verluste ausgleichen zu können (= Eingriff in die grundrechtliche geschützten Freiheiten)

– Der Gesetzgeber wollte wohl weniger die Anleger schützen, als viel eher Einnahmen zu erzielen

– Insgesamt sieht der BFH keine tragfähigen sachlichen Rechtfertigungsgründe für diese Ungleichbehandlungen

Hier geht´s zum vollständigen Beschluss des BFH


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